Mädchen-Mamas kennen das:

sobald das Töchterchen eine Drogerie betritt, landet es irgendwann am Regal mit den Lippenpflegestiften und verliebt sich Hals über Kopf in einen rosaroten Glitzer-Lippenpflegestift. Weil da eine Prinzessin drauf ist. Oder ein Einhorn. Im schlimmsten Fall eine Prinzessin und ein Einhorn. Bei uns spielt sich diese Szene regelmäßig ab und sobald Wilde Hilde an besagtem Regal steht, verkündet sie lautstark ihre Kaufabsicht für ein Prinzessin-Einhorn-Exemplar. Ich wiederum erkläre ihr, dass wir dieses Produkt nicht kaufen werden, weil ich vor geraumer Zeit die Inhaltsstoffe sämtlicher Kinderlippenpflegestifte gecheckt habe. Und für nicht kaufwürdig befunden habe. Damals war ich auf der verzweifelten Suche nach einem Produkt, mit dem sich mein Kind nicht komprimiertes Gift wie Mineralöl auf die Lippen schmiert und womöglich mit der Zunge abschleckt, weil es gar so lecker nach Himbeertörtchen schmeckt. Ich selbst verwende kaum noch konventionelle Pflege- und Kosmetikprodukte, wieso sollte ich es dann meinem Kind bedenkenlos gestatten?

Mein Umdenkprozess in Sachen Naturkosmetik kam kurz nach Oski Koslowskis Geburt ins Rollen. Mit Beginn unserer sehr intensiven Stillzeit hing die meiste Zeit des Tages ein nuckelndes Kind an meiner Brust. Also in unmittelbarer Nähe zu damals fleißig, weil nötig mit konventionellen Deo zugekleisterten Achseln. Zeitgleich stieß ich zufällig auf einen Artikel zum Thema Aluminium in Deocremes. Diese allgegenwärtige Thematik möchte ich an dieser Stelle nicht erneut aufgreifen und vertiefen. Jedem steht frei sich zu informieren und zu entscheiden, ob er auf konventionelle Pflegeprodukte und Kosmetik setzt oder darauf verzichten will. Für mich und die Kinder habe ich nach ausführlicher Recherche beschlossen, bedenkliche Inhaltsstoffe zu vermeiden und nicht länger in unsere Haut zu massieren, in die Haare zu schäumen und unter die Achseln zu schmieren. Meinem Mann, der ja schon groß ist, selbst lesen, nachdenken und sich eine Meinung bilden kann, habe ich diesen Wandel nicht aufgezwungen. Mittlerweile studiert aber auch er die Inhaltsstoffe seiner Pflegeprodukten mit neuer Aufmerksamkeit und verzichtet auf herkömmliches Haarspray und Deodorants.

So weit so gut.

Einer Vierjährigen diese ernste Thematik verständlich zu machen, während sie mit zitterndem Kinn in der Drogerie steht und den Prinzessinnen-Pflegestift umklammert hält, ist natürlich ein lächerlicher, weil hoffnungsloser Versuch. In meiner Not kam mir eine Idee: Warum nicht einfach einen Lippenpflegestift selbst herstellen?

Nach dem Besuch zweier Naturkosmetikseminare, in denen ich mir ein Basiswissen über die Herstellung von Naturkosmetikprodukten angeeignet habe und mir Duschcremes, Shampoobars und Badebomben unter Aufsicht selbst zusammengemischt habe, wollte ich mich an einen Lippenpflegestift für Hildchen wagen. In ansprechendem Design versteht sich.

Ich wechselte also in den Kräuterhexenmodus und verschwand für einen experimentellen Mischversuch in die Küche.

Zunächst habe ich mir die benötigten Zutaten bereitgestellt (ich habe alles bei www.dragonspice.de bestellt) und die Gefäße, die ich zu nutzen gedachte, sowie die Hülsen für die Lippenpflege gereinigt. Bei der Farbe der Hülsen habe ich mich für lila entschieden, um meine Zielgruppe (Wilde Hilde, 4 Jahre, XX-Chromosom) anzusprechen.

Die Liste der benötigten Produkte ist übersichtlich, für vier Pflegestifte habe ich folgendes verwendet:

10 g gelbes Bienenwachs (Cera flava)

20 g Mandelöl

10 g Sheabutter

10 Tropfen süßes Orangenöl

4 Lippenstifthülsen

Alle Zutaten, mit Ausnahme des Geschmack gebenden Orangenöls, werden in ein geeignetes Gefäß gefüllt und über dem Wasserbad erhitzt bis alle festen Bestandteile geschmolzen sind und eine klare, goldene Flüssigkeit entsteht. Ein bisschen Rühren hin und wieder hilft. Anschließend den Topf vom Wasserbad nehmen.

Dann muss es schnell gehen. Da das Bienenwachs sehr kräftig im Geschmack ist, habe ich großzügig Orangenöl beigefügt, zügig untergerührt und dann die Masse in die Lippenstifthülsen gefüllt. Dabei ist wirklich ein ruhiges Händchen gefragt, zumal man ausgesprochen rasch abfüllen muss, weil das Wachs zackig wieder fest wird.

Anschließend vollständig fest werden lassen.

Anstelle des Orangenöls sind natürlich sämtliche Aroma-Varianten möglich, je nach Geschmack. Limettenöl wartet schon auf die nächste Runde der Lippenstiftproduktion im Frühling.

In meinem umfangreichen Aufkleberfundus entdeckte ich tatsächlich noch ein kleines Einhorn, das gemeinsam mit rosa Washi-Tape auf die Hülse gewandert ist. Aber auch andere Motive fühlen sich sehr wohl auf der Hülse. Diese sollte nur fettfrei sein, damit die Aufkleber gut haften können.

Mein Fazit

Die verwendeten Zutaten können ohne schlechtes Gewissen verwendet werden. Das Mandelöl ist sehr mild und deshalb auch für Kinder gut geeignet, zudem stecken eine Menge guter Dinge drin wie gesättigte und ungesättigte Fettsäuren, die beispielsweise dafür sorgen, dass die Feuchtigkeit in der Haut bleibt. Auch Vitamine wie Vitamin A, das tüchtig bei der Zellerneuerung mitarbeitet sowie Vitamin E, welches für seine antioxidative Wirkung geschätzt wird und die bösen, bösen freien Radikale abfängt, die uns mit zunehmenden Alter fiese Fältchen ins Gesicht schummeln, tummeln sich im Mandelöl.

Eine hautschützende Wirkung besitzt auch das Bienenwachs und dient in unserem Fall als guter Konsistenzgeber. Sheabutter ist ohnehin der Knaller in der Hautpflege und vielseitig einsetzbar. In der Lippenpflege sorgt es für schönen Glanz und pflegt die Haut geschmeidig.

Beim Kauf aller Produkte ist natürlich auf eine gute Qualität zu achten.

Die Herstellung der Lippenstifte ist denkbar einfach, lediglich das Umfüllen erforderte ein Mindestmaß an Geschick, geht mit etwas Übung aber sicher noch souveräner von der Hand. Die Konsistenz kann absolut mit der gekaufter Lippenpflegestifte mithalten, lediglich der dominante Geschmack des Bienenwachses ist sicher nicht jedermanns Sache. Da lässt sich aber mit der Wahl natürlicher Lebensmittelaromen nachhelfen. Auch die Verwendung von weißem Bienenwachs (Cera alba) wäre denkbar, da es duftneutraler ist. Die Lippen fühlen sich weich und gut genährt an.

Wilde Hilde war natürlich in erster Linie entzückt vom Einhorn – is’ klar. Sie schmiert fleißig und ich bin happy, dass mein Kind nicht mehr millimeterdicke Schichten unsäglicher Inhaltsstoffe auf den Lippen trägt. Und ein bisschen stolz bin ich auch, auf meine erste, alleine in meiner Küche zusammengemischte LandMOMeranzen-Naturkosmetik.